Vom Nazi zum Widerstandskämpfer

"Christoph Probst-Mittelschule" Murnau

Als die damalige Hauptschule 1980 nach dem Murnauer Mundartdichter benannt wurde, wusste man wenig über die Vergangenheit Max Dinglers. Beziehungsweise man hatte sie verdrängt.

Dingler, der Beschützer des Murnauer Mooses, der Träger des Bundesverdienstkreuzes und Ehrenbürger Murnaus war hoch geachtet.
Die andere Seite dieses Mannes - Mitbegründer der NSDAP-Ortsgruppe Murnau, Teilnehmer am Hitlerputsch im November 1923 - wurde verharmlost oder schlicht negiert.

Wer an Dinglers Nazi-Vergangenheit erinnerte, bekam den Zorn einer Vielzahl von Murnauer Bürgern und Honoratioren zu spüren. So beispielsweise der SPD-Kreisrat und Heimatforscher Josef Brandner, der 1982 Informationen an die Öffentlichkeit brachte, die Dingler als glühenden Anhänger Adolf Hitlers zeigten.

Die Wut vieler Murnauer traf auch die Schüler einer 9. Klasse der „Max Dingler-Schule“ und ihren Lehrer Peter Veit, die sich mit der Person Max Dinglers beschäftigt hatten und zu einem vernichtenden Urteil gelangt waren. Das Murnauer Tagblatt veröffentlichte seinerzeit die vom Klassensprecher gesammelten Zitate:

  • „Max Dingler war ein Heimatforscher, der … zum Mitläufer Hitlers wurde. Doch die Murnauer meinten, er sei ein gutes Vorbild für unsere Hauptschule... es ist eine Schande, den Schülern am Eingang so einen Kopf anzubieten.“
  • „Max Dingler ist wie eine Medaille: Die Frontseite - die Seite des Heimatforschers und Retter des Murnauer Mooses - glänzte wie Gold, die Kehrseite, die Seite des Nationalsozialisten Max Dingler, ist schwarz wie die Nacht und angerostet. Mit seinen Zitaten und dem

 

  • Gedicht vom Krieg passt er genau in die Ideologie des Hitlerwahnsinns. Eine Schule nach so einem Mann zu benennen ist ein ganz schöner Hammer“.

 

Gegen die Klasse und ihren Lehrer setzte ein wahres Kesseltreiben ein. Auch andere Kritiker blieben nicht verschont.

Unter der Überschrift „Murnau steht zu Max Dingler“ gaben der Bürgermeister und der Gemeinderat eine Ehrenerklärung für Max Dingler ab. Eine Umbenennung der Schule lehnten sie ab.

Gertraud Englbrecht, Gemeinderätin der SPD, wurde, da sie diese Stellungnahme nicht unterschrieben hatte, neben einem Bild und einem Gedicht von Dingler im Schaufenster der Raiffeisenbank an den Pranger gestellt.

 

Mit dem Namen „Christoph Probst“ haben die Schulfamilie und der Gemeinderat nicht nur eine beeindruckende Wende vollzogen, sie haben auch einen Teil zur Aufarbeitung der Nazivergangenheit Murnaus beigetragen.

Eine Schule und ihr Name: Vom Nazi zum Widerstandskämpfer – das ist ein historisches Ereignis. Und auf den Namen „Christoph Probst“ können die Schule und Murnau stolz sein.

Das Ereignis hat viele Mütter und Väter. Angefangen vom Publizisten und Lehrer Jakob Knab bis zum „Werdenfelser Bündnis“, namentlich Dorothea Monthofer. Auch die Schule selbst, die sich in den vergangenen zwei Jahren intensiv mit Christoph Probst beschäftigt hat.

Nicht zuletzt ÖDP/Bürgerforum, das einen von mir 2011 eingebrachten Antrag geschlossen unterstützt hat.

 

Michael Manlik