Warum keine Arztpraxen im Kemmelpark?
Eine Stellungnahme
Im Jahr 2015 legte der Gemeinderates sich per Grundsatzentscheidung gegen ein Ärztehaus im Kemmelgelände fest. Grundlage für diesen nach langer und differenzierter Diskussion mit knapper Mehrheit gefassten Beschluss war die Einsicht, dass das Kemmelgelände nicht zu einem zweiten konkurrierenden Ortszentrum entwickelt werden sollte. Die Gefahr einer Schwächung des Ortszentrums sah man neben einer Absiedlung von Einzelhandel und Gastronomie vor allem auch in der Verlagerung bestehender und/oder Entstehung neuer Arztpraxen.
Mit jenem Grundsatzbeschluss erging der Auftrag an die Rathausverwaltung, die erforderliche Änderung des Bebauungsplans zu prüfen und den Bau von Arztpraxen in den Verkaufsverträgen auf privatrechtlicher Basis zu verbieten. Leider wurde versäumt, im Verkaufsvertrag mit der gewerblichen Baugruppe eine Ärzteansiedlung auszuschließen.
Wie der Grundsatzbeschluss im Bebauungsplan verankert werden kann, liegt als Ergebnis einer Prüfung allerdings jetzt vor:
Gemäß den Bestimmungen des Baugesetzes sowie einem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bestätigten einschlägigen Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach können in einem Bebauungsplan grundsätzlich bestimmte, präzise zu benennende Berufsgruppen ausgeschlossen werden, wenn eine Ortsmittenrelevanz nachgewiesen werden kann.
Der gewerblichen Baugruppe war zum Zeitpunkt des Erwerbs der politische Willen der Gemeinde bekannt, dass nämlich keine Arztpraxen auf dem Grundstück entstehen sollen. Darauf wurde sie über alle Fraktionsgrenzen hinweg mehrfach hingewiesen. Und es spricht alles dafür, dass das Grundstück nicht an die Investoren verkauft worden wäre, wenn diese signalisiert hätten, dass sie den politischen Willen der Gemeinde nicht akzeptiert.
Es gab für das fragliche Grundstück auch andere Interessenten mit völlig anderen Zielen. Und es wurden in der Vergangenheit mehrfach Investoren abgewiesen, die Ärzte ansiedeln wollten. Sollte die Ansiedlung von Arztpraxen nun auf einmal doch zugelassen werden, entsteht für die einst Abgewiesenen nachträglich eine ungerechte Situation.
Die Gegner der inzwischen verhängten Veränderungssperre und der geplanten Änderung des Bebauungsplans hätten einer ungebremsten Ansiedlung von Ärzten Tür und Tor geöffnet. Denn neben der Ansiedlung von Ärzten im derzeit entstehenden wäre auch eine Umnutzung bereits vorhandener Gebäude möglich. Hieraus ergibt sich: Es wäre naiv anzunehmen, dass sich die Zahl der Arztpraxen – wie verschiedentlich geäußert wurde – auf „zwei bis drei“ begrenzen lässt. Der Bebauungsplan muss daher Arztpraxen im Kemmelgelände ausnahmslos ausschließen, wenn er den Kausalzusammenhang zwischen diesen und einer Schwächung des Ortszentrums herstellt. „Zwei bis drei“ Ausnahmen sind ebenso unmöglich wie „ein bisschen schwanger“.
Um diese Sicht der Dinge zu erhärten (gegebenenfalls auch zu widerlegen) wird ein Gutachten in Auftrag gegeben.
Was können wir tun, um das Ortszentrum zu stärken? Natürlich sollten wir nicht nur zu „dirigistischen“ städteplanerischen Maßnahmen greifen, sondern auch Angebote machen, die das Ortszentrum attraktiv halten, damit Ärzte freiwillig dort bleiben - oder beispielsweise mobilitätseingeschränkte Patienten problemlos zu ihnen gelangen können.
Man stelle sich vor, das Rathaus würde im Gemeindekrankenhaus bleiben, Ärzte könnten nach Belieben Praxen im Kemmelgelände eröffnen, und auch der Einzelhandel hätte freie Standortwahl: Der Ortskern würde in kürzester Zeit ausbluten.
In vielen Gemeinden ist das bereits die Realität!
Dem Beschluss vom Jahr 2015 fühle ich mich nach wie vor verpflichtet. Wenn ortsmittenrelevante Dienstleister an den Ortsrand oder in andere Stadtteile ziehen, schwächt das den Ortskern. Wir müssen also alles tun um den Ortskern als Dienstleistungs - und Handelszentrum zu erhalten. So habe ich mich auch gegen die Befürworter einer dauerhaften Absiedlung ins James-Loeb-Haus dafür eingesetzt, dass das Rathaus im Ortszentrum bleibt.
Holger Poczka