Haushaltrede 2022

1. Haushalts-Daten

Der Haushaltsplan für das kommende Jahr 2023 ist mit einem Gesamtvolumen von rund 44 Millionen (Verwaltungshaushalt 35,3 Millionen, Vermögenshaushalt 8,7 Millionen) solide aufgestellt.

Zugleich wird erkennbar, dass die finanziellen „Spielräume“ etwas enger werden. Für 2023 ist die Zuführung aus dem Verwaltungshaushalt an den Vermögenshaushalt geschrumpft und von der Mindestzuführung nicht mehr weit entfernt.

Eine sogenannte „freie Spanne“ ist zwar immer noch vorhanden, wird aber vom Kämmerer als inzwischen „ungenügend“ bezeichnet. Erfreulich ist, dass es bei der Gewerbesteuer und der Einkommensteuer keinen Einbruch gegeben hat. Aufgrund der Pandemie war dies ja zeitweise befürchtet worden.

Dennoch: Die Zeiten werden schwerer. Investitionen für die Jahre 2023 – 2026 erfordern Entnahmen aus der Rücklage (Entnahme 2023 bei 3.239.800 €) sowie Neukreditaufnahmen. (1,8 Millionen 2023 für den Wohnungs-Bau am Bahnhofsplatz. Geplante Kreditaufnahmen für die Jahre 2024 – 2026 bewegen sich in ähnlicher Größenordnung zwischen 1,2 und 2,1 Millionen.)

Die Folge:

Ausgaben-Disziplin wird noch wichtiger, vor allem bei Großprojekten.

Beispiele: Neubau Kindergarten / Neubau Feuerwehrhaus / ev. Sanierung und Nachnutzung Alte Post. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Baupreise derzeit auf einem Höhenflug befinden.

2. Wohnraumbau

Vor fünf  Jahren, als die Finanzlage noch nicht so angespannt war wie jetzt, hat sich der Gemeindetrat mit großer Mehrheit entschieden, neben dem alten Krankenhaus auf dem James Loeb-Gelände ein genossenschaftliches Wohnraum-Projekt durchzuführen.

In den Reden zum Haushalt 2020, die im Dezember 2019 hier zu hören waren, haben sich neben der Fraktion ÖDP/Bürgerforum die Kolleginnen und Kollegen von CSU, Mehr Bewegen, Bündnis 90 – Die Grünen erneut für die Realisierung dieses Projekts ausgesprochen. Heuer hat meine Fraktion den Antrag gestellt, jetzt endlich mit der Bauplanung zu beginnen. Leider wurde das Vorhaben im Sommer mehrheitlich abgelehnt.

Und das, obwohl sich an der grundsätzlichen Situation nichts geändert hat, im Gegenteil: Wohnraum zu erschwinglichen Mietpreisen für Menschen mit niedrigem und mittlerem  Einkommen wird in Murnau dringend gesucht. Dies betrifft etwa Beschäftigte in den Kindergärten und Kindertagesstätten, Krankenschwestern, Altenpfleger, Beschäftige in der Gastronomie, Fachkräfte im Handwerk, etc.

In Artikel 106 der Bayerischen Verfassung heißt es in Absatz 1 und 2: „Jeder Bewohner Bayerns hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung. Die Förderung des Baues billiger Volkswohnungen ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden“.  Den Autoren der Verfassung war dabei wohl auch bewusst, dass die zukünftige Entwicklung einer Kommune erheblich von der Wohnraumsituation abhängt. Eine Gemeinde, die beispielsweise für junge Menschen  attraktiv bleiben will – und ich denke an jene, die nicht durch ihre Eltern mit Wohnraum üppig versorgt sind –, die sollte bei der Wohnraumbeschaffung unterstützend handeln. Kommunaler Wohnraumbau, genossenschaftliche Modelle sind dabei mögliche Instrumente.

Wer also das Bauvorhaben am James Loeb-Gelände abgelehnt hat mit der Begründung, es sei städtebaulich ungeeignet, zu massiv, die Solitärstellung des historischen Gebäudes werde beeinträchtigt und es gebe schließlich geeignetere Grundstücke für genossenschaftlichen Wohnraumbau, der soll bitte sagen, wo sich diese Grundstücke befinden. Bürgerinnen und Bürger, die in Murnau dringend auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind und die die  Gemeinde zum Erhalt einer zukunftsweisenden Mischstruktur benötigt, werden es uns danken.

 3. Mobilität und Verkehr

Dankbar wären auch viele Murnauerinnen und Murnauer – vor allem ältere – , wenn eine klare Perspektive für den Ortsbus gefunden und beschlossen würde. Seit Mitte 2020 gibt es jetzt den Bedarfsbus, der nach dem on-demand-System sehr erfolgreich unterwegs ist. Die Gemeinden Riegsee und Seehausen haben sich dem Erfolgsmodell angeschlossen.

Der Kreistag hat in der vergangenen Woche den Beschluss gefasst, das Murnauer Modell zum ‚Blauen Landbus‘ auszuweiten. Eine deutliche Bestätigung für die Entwicklung, die in Murnau begann und vorangetrieben wurde. Der Haken bei der Geschichte: Betriebsbeginn für den Blauen Landbus wird wohl erst 2024 sein. Der Vertrag mit der Fa. OMOBI für den Ortsbus in Murnau endet zum 30.6.2023. Wir werden also nicht umhinkommen, einen Überbrückungsvertrag mit dem derzeitigen Betreiber des Ortsbusses zu schließen. Die Fraktion ödp/Bürgerforum wird – wie schon zuvor – für eine ausreichende Vertragsverlängerung plädieren.

Was ist außerdem hinsichtlich Mobilität und Verkehr in Murnau zu tun? Im Haushaltsplan ist dankenswerterweise ein Ansatz von 400.000 € zur Erweiterung bzw. Optimierung des Radwege-Netzes vorgesehen (Lückenschluss am UKM, Radweg Kohlgruber Straße von der Seestraße bis zum Tusculum, Radwegverbreiterung Weiheimer Straße / B2, Radweg Bahnhof – Seestraße ist schon fertig). Alle diese Maßnahmen dienen der Verkehrssicherheit der radelnden Bevölkerung und tragen dazu bei, das Radl nicht nur als Freizeit – und Sportgerät zu nutzen, sondern als emissionsfreies, klimaschonendes Verkehrsmittel im Alltag einzusetzen. Ein weiterer Ausbau des Radwegenetzes ist unerlässlich. Dazu zählt auch die Einführung von Fahrradstraßen, auf denen der Radverkehr gebündelt wird und Vorrang vor dem Autoverkehr erhält, ohne Autos gänzlich zu verbannen

Ergänzend dazu wird die Fraktion ÖDP/Bürgerforum demnächst mehrere Anträge stellen mit dem Ziel, neue Fahrradabstellplätz zu schaffen (Froschhauser See, Forsteranger Parkplatz), zwei weitere Werkstattstationen für Fahrräder einzurichten (Wanderparkplatz Murnauer Moos Nähe Biol. Station und in Hechendorf an der Partenkirchner Straße am Weg ins Moos) und drittens ein Bike-Sharing-Angebot zu entwickeln, wünschenswerterweise  in Kooperation mit den örtlichen Fahrradhändlern. Murnau hat das Prädikat „Fahrradfreundliche Kommune“ und soll diese Auszeichnung auch behalten.

4. Personal Kinderhäuser und Grundschulen

Die Personalsituation in den Kinderhäusern (Krippen, Kindergärten, Kindertagesstätten) ist nicht die beste. Aus dem Grund hat der Gemeinderat erst kürzlich ein umfangreiches Maßnahmen-Paket beschlossen, um genügend Erzieherinnen/Erzieher, Kinderpflegerinnen und-pfleger für die Murnauer Einrichtungen zu gewinnen. Dieser Maßnahmen-Katalog wird hoffentlich bald eine positive Entwicklung bewirken.

Bereits jetzt aber gilt es auch, sich auf die ab 2026 geltende garantierte Ganztagsbetreuung für Grundschülerinnen und Grundschüler einzustellen. Als Schulträger ist der Markt Murnau in besonderer Weise gefordert. Die Fraktion ödp/Bürgerforum regt an, eine der beiden Grundschulen zu einer gebundenen Ganztagsschule zu erklären, um den Betreuungsanforderungen ab 2026 gerecht zu werden.

5. Energieversorgung

Mit der Erweiterung der Fernwärmeversorgung und dem Austausch der herkömmlichen Glühbirnen der Straßenbeleuchtung gegen LED-Leuchten ist Murnau auf einem guten Weg. Erfolge in der Energie- und Klimapolitik sind – auch wenn es uns nach mehr drängt - bekanntlich am besten in kleinen Schritten zu erzielen. Die aber sollten stetig und konsequent gesetzt werden.

Eine unwidersprochene Aussage aus dem Beraterkreis der Energiewende Oberland lautet: Wenn alle geeigneten Dächer in Murnau mit PV-Anlagen ausgerüstet wären, ließe sich der gesamte Strombedarf des Marktes abdecken. Von diesem Ziel sind wir trotz aller Erfolge, die in den letzten Jahren erzielt wurden, noch weit entfernt. Aber es bewegt sich etwas. Das Wort ‚Klima-Neutralität‘ ist fast täglich zu hören. Und angesichts steigender Energiepreise - respektive Energieknappheit - steigt der Druck zu handeln. Als Gemeinde sollten wir den Bürgerinnen und Bürgern jegliche Unterstützung anbieten und alles tun, was uns möglich ist, um auf eine CO2-freie Stromgewinnung umzusteigen. PV-Freianlagen dürfen dabei keinem Tabu unterliegen. Um den steigenden Beratungsbedarf der Bürgerinnen und Bürger beim Thema Energie zu decken, wäre es gut, wenn der Energie-Manager der Gemeinde, der hoffentlich demnächst gefunden und eingestellt wird, auch dafür zur Verfügung stünde.

Zur Zeit (Ende 2022) sind in Deutschland etwa 840.000 E-Autos registriert und unterwegs. (2012 waren es nur 4.500) Allein in NRW werden 132.000 E-Mobilbesitzer gezählt. Darunter sind auch solche, die mit ihrem E-Auto in den Urlaub fahren, auch nach Murnau kommen und dann ihr Mobil laden wollen, wenn es denn genügend Ladesäulen gibt. Das ist z.Zt. nicht der Fall. Deshalb gab es kürzlich die  Anfrage eines Unternehmens, das sich am Projekt des Bundes zur Schaffung von Schnellladesäulen beteiligt und Grundstücke, bspw. Parkplätze sucht, um dort Ladesäulen zu errichten.

Unser Gremium hat die Anfrage ablehnend beantwortet. Mögliche Standorte, bspw. die Parkplätze an der Garmischer Straße, seien ungeeignet. Die Betreiber sollten  doch zunächst mal bei privaten Grundstücksbesitzern vorsprechen, etwa bei Tankstellen, die langfristig ihre Benzin-Zapfsäulen eh aufgeben müssten.

Ob das die richtige Strategie ist, bezweifle ich. Einmal abgesehen davon, dass die Gemeinde durch die Verpachtung von Grund für Ladesäulen selbst Geld verdienen könnte: Die Lademöglichkeit für E-Mobile ist inzwischen ein Buchungskriterium, sagen Touristik-Fachleute. Der Trend wird sich zwangsläufig verstärken. Wer in einem Fremdenverkehrsort für sein E-Mobil zu wenige Ladesäulen findet, fährt weiter. Das Problem ist also komplexer, als dass man es mit einem Federstrich erledigen könnte. Und deshalb gilt es, darüber ernsthaft nachzudenken, zu beraten und dann zu entscheiden.

6. Abschluss

Ich glaube, dass wir dazu in der Lage sind, wenn wir - so wie es sich in einer Demokratie gehört - sachbezogen streiten, aber respektvoll miteinander umgehen. Gerade in Zeiten, in denen die Prinzipien der Demokratie angefeindet werden und manche sogar auf Umsturz sinnen, trägt auch ein Gemeinderat wie der unsrige ein großes Maß an Verantwortung. Dass ein Mitglied vor drei Monaten das Gremium auf Grund von „Spannungen“, „Lagerbildung“ und „feindseligen Gruppierungen untereinander“ (vgl. Murnauer Tagblatt 1./2.10.2022) verlassen hat, ist kein gutes Zeichen.

Möglicherweise hat aber der Rücktritt von Dr. Josef Raab uns alle zum Nachdenken angeregt. Deshalb besteht Hoffnung, dass die Zusammenarbeit im Gemeinderat zukünftig anders, sprich besser verläuft, als es in den vergangenen zweieinhalb Jahren zum Teil der Fall war. Mich und die gesamte Fraktion ödp/Bürgerforum würde es in jedem Fall sehr freuen.

Abschließend möchte ich auch ausdrücklich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für ihren Einsatz danken. Die Zusammenarbeit zum Wohl der Gemeinde gelingt dann, wenn die fachliche Verwaltungs-Kompetenz auf der einen Seite und die Entscheidungsfreude der gewählten politischen Verantwortungsträger ehrlich und mit gegenseitigem Respekt aufeinander abgestimmt werden.

In diesem Sinne: Allen ein friedliches Weihnachtsfest und alles Gute für das Neue Jahr 2023!

Wolfgang Küpper

Faktionssprecher