Haushaltsrede 2017

Holger Poczka

Natürlich sollten wir uns immer fragen, ob die Investitionen und die Ausgaben, die wir beschließen, auch sinnvoll und notwendig sind, oder ob es nicht auch Positionen im Haushalt gibt, die man einsparen könnte. Das ist legitim und sollte bei jeder Haushaltsberatung im Zentrum der Diskussion stehen. Wenn aber Mitglieder des Gemeinderates den Haushalt wegen der hohen Schulden ablehnen, dann sollten sie auch sagen, wo denn eingespart werden kann. Wer sagt, ich bin für alles, eigentlich auch für den kommunalen Wohnungsbau, lehne aber wegen der Schulden den Haushalt ab, der macht es sich sehr leicht.

 

Die größten Haushaltsstellen im Verwaltungshaushalt - Personalkosten und Kreisumlage - machen zusammen allein 50% der Ausgaben aus. Sie sind für uns Gemeinderäte schwer beeinflussbar.

Beim Personalbedarf müssen wir in hohem Maß darauf vertrauen, dass die Einschätzung der Verwaltung richtig ist. Bei der Kreisumlage geht unser Einfluss gegen Null. Einsparungen auf diesen Positionen sind, wenn überhaupt, nur mittel- bis langfristig zu erreichen – durch Vorgabe längerfristiger Ziele in der Personalplanung etwa.

 

Will man bei den Investitionen sparen, dann bitte ich die Kritiker zu sagen, welche Projekte eingespart werden können. Was zurzeit umgesetzt wird, lässt sich nicht mehr einsparen und das, was wir umsetzen werden, ist alles notwendig und kann nicht mehr hinausgeschoben werden.

Weil uns bewusst ist, dass nicht alles auf einmal geht, haben wir eine längerfristig angelegte Prioritätenliste erstellt, die wir vor dem Hintergrund der Haushaltslage geordnet abarbeiten können.

 

Zu den Zahlen und Fakten:

Murnau gleicht einer Baustelle, viele Bürger beklagen das. Doch für mich ist das ein gutes Zeichen, denn in Murnau wird in die Zukunft investiert. Damit verbunden sind vorübergehende Unannehmlichkeiten, die man bereit sein muss zu akzeptieren. Die meisten Investitionen, die heute umgesetzt werden, wurden von uns nach ausführlicher Diskussion beschlossen.

Natürlich lässt sich fragen, ob die Sanierungsarbeiten im Umfeld des KTM wirklich notwendig sind oder ob es sich um das Luxusprojekt einer wohlhabenden Kommune handelt. Es handelt sich um eine städtebauliche Investition, die der Gemeinderat auch im Blick auf eine großzügige Förderung durch das Programm „Stadtumbau West“ wohl überlegt und sodann beschlossen hat. Das KTM samt Kurpark über die Postgasse gestalterisch an die Fußgängerzone anzubinden und mit einer gleichzeitigen Aufwertung der Bahnhofstraße eine städtebauliche Abrundung des Marktbereiches zu erreichen, halte ich nach wie vor für richtig. 

Die Neugestaltung des Münterplatzes ist durch die bisherige Gestaltung des KTM Umfeldes nicht zwingend vorgegeben und kann hinterfragt werden; meine Fraktion hat das getan.

Der Gemeinderat hat hier durch einen Projektaufschub den Haushalt entlastet, ohne die Projektziele in Frage zu stellen. Wir gefährden damit auch keine Fördermittel.

 

Das Rathaus zu sanieren ist eine unabwendbare Notwendigkeit. Zusätzlich zu den städtebaulichen Argumenten für einen Verbleib des Rathauses in der Ortsmitte gibt es handfeste betriebswirtschaftliche Argumente: Allein die IT Netzwerktechnik oder die Elektroinstallationen, die auf Grund der baulichen Gegebenheiten über die Jahrzehnte mehr provisorisch als professionell in das alte Gebäude eingebaut wurden, stellen ein enormes Brand- und Störfallrisiko dar. Hinzu kommt die berechtigte Forderung der Angestellten nach moderner Arbeitsinfrastruktur.

Auch bei einer anderen Nutzung des alten Rathauses wäre ein entsprechender Sanierungsbedarf entstanden. Vorschläge, wie z. B. das Rathaus für immer ins James Loeb-Haus zu verlegen, führen mithin zu keiner besseren ökonomischen Situation: Auch ein „Bürgerhaus“, das die Volkshochschule, die Tourist-Information, das Standesamt und eine Musikschule beherbergen soll, zwingt zu enormer Umgestaltung und hohem Sanierungsaufwand. Zudem würde das Rathaus im James Loeb-Haus dauerhaft gewerbliche Flächen blockieren, die als Einnahmequelle ausfallen würden.

Das alles zeigt, warum der Gemeinderat richtig beschlossen hat. Zu guter Letzt haben wir in der Frage des Kellers einen sachgerechten Kompromiss gefunden, der die Kosten zumindest etwas reduziert.

Auch das James Loeb-Haus kostet Geld, auch deswegen, weil wir in einer historischen Verpflichtung stehen. Das Geld für die Zwischennutzung ist in diesem Sinne gut angelegtes Geld. Wir gewinnen Zeit bei maximaler Kostendeckung, um ein gutes und nachhaltiges Konzept zu entwickeln.

Der Erhalt alter Gebäude wie des Rathauses und des ehemaligen Gemeindekrankenhauses kostet Geld! Wollen wir nicht in einer ohnehin zunehmenden Geschichtslosigkeit versinken, dann ist es sogar unsere gesellschaftliche und kommunalpolitische Pflicht, dieses Geld für historisch Gewachsenes auszugeben!

 

Die Sofortmaßnahmen hinsichtlich des Feuerwehrhauses und der Einstieg in die Planungen sind ein richtiger Beschluss. Die Feuerwehr ist eine Pflichtaufgabe der Gemeinde - wir können hier nicht sparen. Ich erwarte nun in 2017 eine endgültige Standortentscheidung, damit an der Umsetzung gearbeitet werden kann.

 

Eine Absiedlung des Bauhofes, die Kosten werden mit 5,9 Mio € geschätzt, kann aus meiner Sicht fürs erste verschoben werden. Die Situation des Bauhofs ist zwar nicht optimal, aber doch zumutbar.

 

Die Gemeindewerke müssen in die Wasser- und Abwassertechnik, also in wichtige Infrastrukturen investieren. Die Investitionen in die Energiewende sind kein Luxus. Zukünftige Generationen werden es uns danken, dass wir den Ausbau des Nahwärmenetzes forciert und das Stromnetz übernommen haben. Diese Investitionen sind nachhaltig und notwendig, um den künftigen Herausforderungen gerecht zu werden. Auch hier gibt es noch manches, was im Detail diskutiert werden muss. Aber die grundsätzliche Richtung stimmt, wenn wir auch auf lokaler Ebene das Menschheitsproblem Klimawandel angehen wollen.

 

Ein wichtiges und starkes Signal sendet der Haushalt in Richtung der Bürger aus, die verzweifelt nach bezahlbarem Wohnraum suchen. Ein Dach über dem Kopf gehört zu den Grundbedürfnissen der Menschen. Wenn wir es nicht schaffen, wieder bezahlbaren Wohnraum bereit zu stellen, dann werden wir in Kauf nehmen müssen, dass die Menschen sich von einer Politik abwenden, die ihre Probleme allem Anschein nach nicht lösen kann. Wir müssen uns dann nicht wundern, wenn die AfD oder die Neonazis mit ihren platten Parolen und ihren Hassbotschaften Zulauf bekommen.

Leider, und das ist Teil der Wahrheit, ist eine Kommune nicht in der Lage das Problem allein zu lösen. Hier bedarf es des gesellschaftlichen Zusammenhaltes auch zwischen denen, die besitzen und denen, die nichts besitzen.

  • Die Verteilung und Nutzung des Bodens wird von Staats wegen überwacht. Mißbräuche sind abzustellen.
  • Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen.

Das sind nicht Sätze aus dem kommunistischen Manifest oder aus der ehemaligen Sowjetunion, sondern Sätze aus der bayerischen Verfassung! Sie sind Auftrag unserer Verfassungsväter. Und weil der Auftrag zur Befriedigung des Grundbedürfnisses nach Wohnung erfüllt werden muss, und nicht an der Bodenspekulation scheitern darf, sollten wir uns nicht in kleinlichen Diskussionen oder in Verweigerungshaltungen verlieren, sondern handeln und tun, was wir können um die Krise auf dem Wohnungsmarkt, die es seit vielen Jahren gibt, endlich zu lösen.

Lieber Martin Bergmeister, ich kann Ihre Kritik teilweise nachvollziehen. Was ich nicht verstehe, ist, dass Sie den Haushalt deshalb in Gänze ablehnen. Sie haben Recht, dass wir über das „wie“ noch sehr ausführlich reden müssen. Doch das kann im Rahmen der Haushaltsberatungen nicht in der Tiefe erörtert werden, wie Sie sie fordern. Sonst würde es ja reichen, jährlich einen Haushalt aufzustellen und dann den Gemeinderat ein Jahr zu beurlauben, bis der nächste Haushalt aufgestellt wird.

Die Haushaltsstellen für den kommunalen Wohnungsbau zeigen, dass die Gemeinde beim Erwerb von Grundstücken wieder aktiv wird, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Das war lange Zeit nicht so. Und das ist der eigentliche Erfolg: der Gemeinderat ist sich seiner Verantwortung bewusst und versucht seinen Beitrag zu leisten. Das markiert den Start für ein aktives Flächenmanagement der Kommune in diesem Bereich.

Warum man das als Grund für eine Ablehnung des Haushalts heranzieht, obwohl man für die Schaffung bezahlbaren Wohnraumes ist, bleibt mir ein Rätsel.

 

Als ich 2008 erstmals in den Gemeinderat gewählt wurde, lag die Prokopfverschuldung einschließlich Gemeindewerke und MGV, jedoch ohne das Defizit des Treuhandkontos, das damals ca. 511 € / Einwohner ausmachte, bei 1364 € . Die Gesamtverschuldung Ende 2017, des Haushaltsjahres also, über das beschlossen wurde, liegt bei 982 € pro Kopf. Das sind trotz der enormen Investitionen in die Infrastruktur und Zukunftsfähigkeit Murnaus 382 € weniger Schulden pro Kopf als vor 8 Jahren.

Auch die Gesamtverschuldung des Jahres 2015 liegt mit 1.100 € pro Kopf über der Gesamtverschuldung in 2017 mit 982 € bzw. den bereinigten 600 €. Also kann von einem Anstieg der Prokopfverschuldung keine Rede sein. Außerdem muss man sich die Struktur der Schulden ansehen: Bei den Schulden für das Projekt Wohnungsbau handelt es sich um rentierliche Schulden, die sich über die hohen Zuschüsse vom Freistaat und die zukünftigen Mieteinahmen refinanzieren. Wir schaffen Anlagevermögen und erhöhen so das Vermögen der Marktgemeinde. Die niedrigen Zinsen in der Finanzierung tun ihr Übriges. Wenn wir 6 Mio. € ausgeben, 2 Millionen gefördert bekommen und damit 4 Mio. € selbst und das über 20 Jahre abfinanzieren müssen, dann belastet uns das bei einer Tilgung von 5% und einem Zinssatz von 0,5 % jährlich mit ca. 204.000 €. Diese 204.000 € pro Jahr müssen über die Mieten gedeckt werden -  bei Zugrundelegung von 2000m² eine Miete von ca. 8,50€ /m². Das ist kein Sozialwohnungsniveau, aber bei einem auf modernem Energiestandard gebauten Haus mittlere Einkommen bezahlbar.

Zwar erhöht das Projekt die Prokopfverschuldung um ca. 300 €. Diese 300 € werden aber den Haushalt nicht belasten, weil Einnahmen über die Mieten und die Förderungen dagegen stehen. Es ist also eine Milchmädchenrechnung wenn man den Haushalt ablehnt, weil die Verschuldung steigt.

 

Kommen wir zu einem Projekt, das aus meiner Sicht wirklich ein ökonomisches Risiko darstellt: Die Diskussion um ein Hallenbad ist ein gutes Beispiel für die Gefahren, die auf kommunaler Ebene lauern, wenn Anspruchsdenken oder staatliche bzw. kommunale Fürsorge sich abkoppeln von den realen Verhältnissen. Die Diskussion wird von vielen so geführt, als wohnten wir in einer Wüste. Kein Wasser weit und breit, wie soll man da Schwimmen lernen?

Wir leben in einer Region, die mit Wasser gesegnet ist. Drei Seen vor der Haustür, wo gibt es denn so etwas? Wenn mich jemand fragt, ob ich gern ein Schwimmbad hätte, dann sage ich selbstverständlich ja! Wenn mir aber jemand sagen würde, dass ich damit finanzielle Einschränkungen in Kauf nehmen müsste, dann würde ich zumindest wissen wollen, welche Einschränkungen das sind, um entscheiden zu können.

Fakt ist: ein jährliches Defizit führt natürlich dazu, dass weniger Geld für die wichtigen Aufgaben und Zukunftsherausforderungen der Kommune zur Verfügung steht. Es ist letztlich eine Frage der Organisation und Bequemlichkeit, ob man eine andernorts bestehende Infrastruktur, (die auchdort) Haushaltslöcher reißt) nutzt oder nicht. Wir haben ein Hallenbad in Kochel, in Garmisch und in Oberammergau. Im Sommer gibt es dann noch ein dauerdefizitäres Freibad in Ohlstadt. Auch Schulen wären in der Lage diese Bäder der Nachbargemeinden für den Schwimmunterricht zu nutzen, indem der Schwimmunterricht im Blockunterricht abgearbeitet wird und nicht stundenweise im Rahmen eines Sportunterrichts. Wenn Wohlfahrt heißt, dass alle Unbequemlichkeiten und Kompromisse in der faktischen Welt abgeschafft werden müssen, dann werden wir scheitern, dann werden wir uns wirklich Sorgen machen müssen, wie ein seriöser Haushalt ohne Überschuldung aufgestellt werden kann.

 

Soweit sind wir aber nicht. Deshalb: auch wenn ich mir im einen oder anderen Detail etwas anderes gewünscht hätte, kann ich dem Haushalt guten Gewissens zustimmen. Er führt nicht in die Schuldenfalle!