Veranstaltung am 6. Oktober 2015 (Foto © Rolf Beuting)

 

Genossenschaft – der Königsweg zum bezahlbaren Wohnraum?

 

Im Grund ist alles ganz einfach: Die Gemeinde schafft Bauland, schöpft einen großen Teil der Wertsteigerung ab, stellt das Bauland einer Wohnungsgenossenschaft günstig zur Verfügung mit der Auflage, soundsoviel Prozent kostengünstigen Wohnraum zu schaffen – fertig.

Oder?

Aber?

 

Dass man das richtige Thema gewählt hatte, zeigte bereits der Andrang zur Veranstaltung
Wie lässt sich bezahlbarer und familienfreundlicher Wohnraum schaffen?“,
zu der ÖDP/Bürgerforum ins Kultur- und Tagungszentrum geladen hatte. Von über 50 Interessierten fanden etliche keinen freien Sitzplatz mehr.

 

20 Jahre lang, so Bürgermeister Rolf Beuting in seiner Begrüßung, sei die Gemeinde in Sachen sozialer Wohnungsbau untätig geblieben. Murnau drohe durch „Gentrifizierung“ „ein Grünwald am Staffelsee zu werden“ - einkommensstarke Bevölkerungsgruppen könnten in zunehmendem Maß die Einkommensschwächeren verdrängen.


Als einen dritten Weg zwischen Wohneigentum und Wohnen zur Miete stellte Christian Stupka, Geschäftsführer der genossenschaftlichen Immobilienagentur GIMA in München, das genossenschaftliche Wohnrecht vor.
Um ein solches Wohnrecht zu erlangen, muss man Mitglied einer Wohngenossenschaft werden. Eine Wohngenossenschaft „baut bzw. modernisiert, übernimmt oder erwirbt Wohnungen bzw. Gebäude für ihre Mitglieder und entzieht diese dauerhaft der spekulativen Verwertung“. Die Mitglieder kaufen sich mit Anteilscheinen ein und erhalten ein lebenslanges Wohnrecht zu stabilen und fairen Mieten. So der Grundgedanke.
Mitglied können natürliche wie juristische Personen (beispielsweise Kommunen) werden – als Fördermitglieder auch ohne ein Wohnrecht in Anspruch zu nehmen.


Ein Modell „nachbarschaftlichen Wohnens“ zeigte Martin Okrslar (MARO Genossenschaft für selbstbestimmtes und nachbarschaftliches Wohnen e.G.) am Beispiel der „Allmeind“-Wohngenossenschaft in

Regensburg und hob hervor, wie wichtig, aber auch schwierig die Anfangsphase ist: Gruppenfindung, Planung u.a. von Gemeinschaftsräumen, Rückmeldung zu Grundrissen, Wohnungstypen und Ausstattung, Organisation der Bewirtschaftung, Erwartungen an die Mitglieder...


Wie die an die beiden Referate sich anschließende Diskussion zeigte, hängt für Murnau alles von der Grundstücksfrage ab. In erster Linie vom Vorhandensein von Baugrundstücken, in zweiter Linie vom Preis. Im Prinzip kann die Marktgemeinde im Rahmen des Flächennutzungsplanes und der Bauleitplanung Bauland schaffen. Und sie kann theoretisch auch den Preis mitgestalten, indem sie von ihrem Recht Gebrauch macht, „Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, ...für die Allgemeinheit nutzbar zu machen“ (Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 161 [2]).


Dass dem in der Praxis Grenzen gesetzt sind, machte ein Diskussionsbeitrag deutlich: Zwar gebe es - zum Teil sogar sehr große - innerörtliche Flächen, die sich in Bauland umwandeln lassen. Doch wenn sich Eigentümer mit der Abschöpfung von maximal zwei Drittel der Wertsteigerung konfrontiert sähen, würden sie vermutlich schulterzuckend auf einen Verkauf verzichten. Man sei schließlich nicht darauf angewiesen...


Trotz dieses Einwandes gaben zahlreiche Zuhörer der Erwartung Ausdruck, dass die Gemeinde in Sachen Wohnungsbau in Bälde aktiv werden und es gelingen müsse, geeigneten Baugrund zu beschaffen.


Die Fraktion ÖDP/Bürgerforum will dieser Erwartung mit einem Antrag im Gemeinderat entsprechen, wonach innerhalb der nächsten 2 bis 3 Jahre ein Grundstück gefunden und einer Genossenschaft kostengünstig zur Verfügung gestellt werden solle.